Dienstag, 25. September 2007

Teil 59

Ich schenke mir ein weiteres Glas ein. Jon steht bei den anderen und redet mit ihnen. Alle hören ihm zu. Ich verstehe kein Wort und es ist mir auch egal. Ich bin viel zu geschockt. Irgendwann setzt sich Tico neben mich.
„Warum nimmst Du Jons Angebot nicht an und kommst auch mit?“
„Woher weißt du davon?“
„Jon hat es uns gerade erzählt.“
„Aha, aber überleg mal, warum ich zögere. Richies Frau ist in LA, aber wenn ich nach New York ziehe, ist Doro in meiner Nähe. Dann muss es doch irgendwann raus kommen. Es ist so schon nicht einfach. Immerhin wird er kurz nach Richie noch einmal Papa. Was glaubst Du wie es da aussehen würde, wenn ich dann in seinem Leben immer präsent wäre. Gar nicht gut!“

Tico versteht mich, aber es ist immerhin Jons Entscheidung und nicht meine.
Ich kann darüber jetzt nicht nachdenken. Ich nehme einen tiefen Schluck aus meinem Weinglas. Tico geht zu den anderen. Ich schleiche mich aus dem Zimmer und gehe an die Bar. Ich bestelle mir ein paar Tequilla und kippe sie einem nach dem anderen hinunter.
Rauchend und trinkend stehe ich an der Bar. Plötzlich steht Mike neben mir.
„Jon sucht dich.“
„Weit kann ich ja nicht kommen, aber du hast mich ja schließlich auch gefunden“, sage ich und kippe einen weiteren Tequilla.
Ich merke schon die Wirkung. Ich ignoriere Mike. Es tut mir leid, er kann ja nichts dafür, aber ich will keine Gesellschaft. Mike lässt mich alleine und geht zurück zu den anderen.
Als ich einen weiteren Drink greife, hält mir jemand den Arm fest. Ich schaue an meine Seite und sehe Silke neben mir stehen.
„Was ist los mit dir?“
„Nichts, ist alles in bester Ordnung. Was soll los sein?“
„Naja du stehst hier, schon halb besoffen und trinkst immer weiter. Jon ist schon ganz ratlos. Mike hat ihm erzählt was los ist. Er wollte nach dir schauen, aber ich habe gesagt, ich mach das.“ Ich schaue sie mit Tränen in den Augen an.
„Ich will mich nicht zu einer Entscheidung zwingen lassen.“
„Aber es zwingt dich doch niemand. Ich nicht, Jon nicht, niemand.“
„Das sagst Du so einfach. Jetzt ziehst du nach Amerika und bekommst da Richies Baby. Ich bleibe in Deutschland. Jon wird auch Vater, du glaubst doch wohl nicht, dass er seine Kinder aufgibt. Wenn ich nach Amerika ziehe, gebe ich alles auf. Meinen Job, meine Freunde und Familie“, schniefe ich. „Es gibt keine Garantie dafür, dass das mit Jon klappt. Wir haben eh keine Zukunft. Du glaubst doch nicht, dass er für mich seine Familie aufgibt. Never ever. Nie.“

Ich gehe leicht schwankend in Richtung Toiletten. Auf dem Klo schließe ich mich ein. Ich sitze auf dem Klodeckel und heule vor mich hin. Nach ein paar Minuten klopft es an der Türe. Als ich nicht reagiere, klopft es noch einmal.
„Tanja mach auf. Ich bin´s, Jon!“
Widerwillig öffne ich das Schloss. Jon macht die Tür auf und kniet sich vor mir hin. Er nimmt meine Hände und schaut mir ins Gesicht. Mir ist es egal, wie ich aussehe. Er wischt mir die Tränen ab und nimmt mich in den Arm
„Scht Baby es wird alles gut.“
Er versucht mich zu trösten. Weiß er überhaupt, dass er für meine Tränen verantwortlich ist? Beziehungsweise unsere Beziehung? Anscheinend nicht. Er zieht mich zu sich, setzt sich auf den Klodeckel und setzt mich auf seinen Schoß. Er legt die Arme um mich und wiegt mich hin und her wie ein kleines Kind. Er streicht mir beruhigend übers Haar.

„Ich will ja nach Amerika kommen, aber dadurch wird die Situation nicht einfacher. Du bist und bleibst verheiratet, du wirst wieder Papa, deine Frau ist launisch und schickt dir am Ende noch einen Privatdetektiv hinter her. Wenn wir auffliegen, dann knallts aber richtig.“
Ich habe nur noch schlechte Gedanken. Jon sagt gar nichts. Irgendwie ahnt er, dass alles was er sagt, in diesem Augenblick falsch ist. Ich bekomme Schluckauf.
Weinen und Schluckauf passt nicht zusammen. Wir müssen beide lachen. Ich stehe auf und putze mir die Nase. Nach einem Blick in den Spiegel, bekomme ich einen Schreck.
Scheiße, wie sehe ich denn aus. Meine Wimperntusche ist verlaufen, die Augen knall rot und von meinem Puder ist nicht mehr viel zu sehen.
„Kannst Du mir meine Handtasche bringen?“, frage ich Jon schüchtern.
„Sicher“, sagt er und geht sie holen. Meine Tasche wird allerdings von Silke gebracht.
„Was hast Du mit Jon angestellt. Der kam grad zurück und hat erst mal sein Glas in einem Zug geleert.“
Verwundert schaue ich sie an.
„Gar nichts habe ich mit ihm gemacht. Er hat mich getröstet und ich wollte meine Handtasche.“ Ich schminke mich so gut wie möglich nach und folge Silke zu den anderen.
Als wir an unseren Tisch zurückkommen, schauen mir alle entgegen. Ich werde rot und setze mich ohne ein Wort zu sagen neben Jon. Zwischendurch wurde die Hauptspeise aufgetragen.
Ich habe aber keinen Hunger mehr. Um den Alkohol aufzusaugen, knabbere ich an Weißbrot und trinke Wasser. Jon schaut mich immer wieder von der Seite an, spricht mich aber nicht an. Er trinkt ein Glas nach dem anderen. Ich gehe hinüber zu Mike und frage ihn, ob wir eigentlich weit von Hotel entfernt sind.
Er sagt mit dem Auto sind es ein paar Minuten, aber zu Fuß ca. eine halbe Stunde. Ich gehe zu Silke und sage ihr, dass ich zu Fuß nach Hause laufe. Ein bisschen frische Luft täte mir gut.

Ich schnappe meine Jacke und meine Handtasche und sage zu Jon dasselbe. Er hält meine Hand.
„Ich komme mit, ich glaube wir beide haben was zu bereden.“
Mit einem kurzen winken sind wir verschwunden.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Uuuuiiihhhh ! Was die zwei jetzt wohl bequatschen ? Was macht unser Jon denn nun ?