Donnerstag, 4. Oktober 2007

Teil 61

Am nächsten Morgen sind wir die ersten am Frühstückstisch. Schweigend sitzen wir uns gegenüber. Jon ist heute Morgen recht wortkarg. Nach und nach kommen die anderen dazu. Ich gehe mir noch mal einen Kaffee holen. Hunger habe ich nicht wirklich, denn mein Magen spielt noch nicht ganz mit. Ich esse einen Joghurt mit frischen Früchten.
Zurück am Tisch ist eine lebhafte Diskussion zu Gange. Ich schaue von einem zum anderen und bekomme einen Überblick über das Gesagte. Jon hat den anderen von dem Telefonat mit Doro erzählt. Es werden lauter verschiedene Lösungsvorschläge unterbreitet.
Irgendwann melde ich mich zu Wort. „Darf ich auch was dazu sagen?“
Silke und Richie schauen mich erwartungsvoll an.
„Ich fliege morgen früh nach Hause. Jon soll sich mit Doro vertragen. Es bringt ja nichts, wenn ich hier bleibe und Jon nicht sehen kann. Ihr macht eure Albumaufnahmen zu Ende und Doro ist zufrieden.“
„Nein, du bleibst da. Ich habe eh nicht viel von Dir, und wenn Doro meint, sie muss kommen, dann bleibe ich halt bis spät in der Nacht im Studio.“
„Ach und die Idee ist besser? Du führst dich kindisch auf. Ich dachte, mein Verhalten ist kindisch gewesen, aber du bist ja noch schlimmer.“
Ich fange an zu lachen. „Hey wir haben noch den heutigen Tag, die Nacht und morgenfrüh Zeit miteinander. Freu dich doch darauf. Und wenn ich weg bin, freu dich auf deine Frau. Ihr könnt Zeit miteinander verbringen, ohne das die Kinder dabei sind.“

Ich nehme Jons Hände in meine. Er sieht richtig traurig aus. Aber so ist es am Besten. Ich schaue in die Runde.
„Ihr dürft euch nur nicht verraten!“
Die anderen sind damit einverstanden. Sie kennen Jon viel besser als ich. Auch seine Beziehung zu Doro. Anscheinend ist so etwas schon öfters vorgefallen. Jon und ich unterhalten uns leise und die anderen schmieden Pläne für den heutigen Tag.
„Ich will nicht, dass du nach Hause fliegst. Wir sehen uns so selten und dann musst Du früher gehen.“
„Jon das ist in Ordnung. Mach dir keine Gedanken, ich bin dir deshalb nicht böse. Du kannst nichts dafür, nur Doro. Aber sie liebt dich und will bei Dir sein.“
„Aber nächsten Monat kommst Du dafür nach Atlantic City. Egal ob sie mitkommt, oder nicht. Du und Silke müsst bei den Aufnahmen dabei sein. So wie es aussieht, ist ein Abend sowieso ein Fan-Club-Trip. Da fallt ihr dann nicht auf. Und unsere Eltern sind auch dabei.“

Wir schmieden Pläne für nächsten Monat. Wir sollen am Mittwoch zu ihnen fliegen. Die Konzerte finden Freitag und Samstag statt. Und am Dienstagmorgen könnten wir wieder zurück fliegen. Wir können am Montag dann noch zusammen Silkes Geburtstag feiern.
Silke und Richie sind damit einverstanden. Wir gehen hinauf und holen Jacken und meine Handtasche.
Mike hat vorgeschlagen, den Tag an der Küste zu verbringen. Das Wetter spielt mit. Nach einer halben Stunde sind wir alle am Auto. Selbst Obie ist dabei. Es wird ein bisschen eng, aber wir rutschen alle zusammen.
Nach einer dreißigminütigen Fahrt erreichen wir das Meer. Mike sucht einen geeigneten Parkplatz. Alle zusammen machen wir den Strand unsicher. Der Strand ist menschenleer. Glück für uns. Da wäre ja was los gewesen, wenn man die ganze Band erkannt hätte.
In verschiedenen Grüppchen gehen wir am Strand spazieren. Jon und ich gehen langsamer. Wir bilden das Schlusslicht. Jon hält mich an der Hand. So wie es aussieht, hat er immer noch ein schlechtes Gewissen. Ich drehe ihn zu mir.
„Jon, was ist los. Hast du immer noch ein schlechtes Gewissen?“
Er nickt und sieht mich traurig an.
„Honey, da kannst du doch nichts dafür. Ich bin doch jetzt da.“
Er setzt sich mit mir in die Dünen und legt einen Arm um mich.
Irgendwann fängt er an zu reden. Von seiner Ehe, seiner Frau, seinen Kindern. Dass Doro für den Lebensmittelpunkt sorgt. Das sie immer hinter ihm steht und ihn unterstützt. Er will sie nicht verlieren. Mich aber genauso wenig. Ich lasse ihn reden. Ich weiß genau, dass irgendwann der Zeitpunkt kommt, an dem er sich entscheiden muss. Ich hoffe nur, dass der nicht so bald kommt. Ich habe viel zu wenig Zeit mit ihm verbracht. Noch will und kann ich ihn nicht gehen lassen. Dafür liebe ich ihn viel zu sehr.
Ich kann ihm das nicht sagen, sonst ist es nur noch schlimmer.
Er sieht mich entschuldigend an. „
Es braucht dir nicht Leid zu tun. Ich denke den ganzen Tag an dich und wir können auch jederzeit telefonieren.“
Ich darf ihm nicht zeigen, dass ich nicht gehen will und wie sehr es mir weh tut. Ich täusche eine Leichtigkeit vor, die ich nicht empfinde. Am liebsten würde ich die Zeit zurückdrehen und uns wieder nach Sizilien wünschen. Aber das geht nicht. Seine Frau kommt und ich muss verschwinden.
Jon legt sich auf den Rücken und legt einen Arm unter seinen Kopf. Seinen anderen Arm legt er um meine Schulter und zieht mich an seine Brust.
Ich kuschle mich ganz eng an ihn. Wir liegen so eine ganze Zeit. Wir wechseln kein Wort miteinander. Beide hängen wir unseren Gedanken nach. Irgendwann kommen Silke und Richie dazu.
Silke fragt mich auf Deutsch ob ich wirklich gehen will.
„Was glaubst du denn! Aber ich kann nicht hier bleiben, wenn seine Frau da ist. Das geht nicht. Wenn die mich sieht, weiß sie was passiert ist. Ich fliege morgen nach Hause. Ich hole dich am Montag dann vom Flughafen ab.“
Jon und Richie unterhalten sich leise.
„Ich habe Angst, dass er es mitbekommt, das ich nur die Coole spiele. Aber wenn ich jetzt Theater mache, wird es nur noch schlimmer. Verstehst Du?“
„Ja ich verstehe dich. Es macht dir doch nichts aus, wenn ich noch bleibe? Sie haben vor am Montag eine Pause von ein paar Tagen einzulegen. Und morgen Abend ist Richie nicht im Hotel. Er geht mit mir nach Amsterdam. So bekommt mich Doro auch nicht zu Gesicht.“
Ich nehme ihre Hand und drücke sie.
„Ist schon ok, aber ruf mich auf jeden Fall an, wenn irgendwas ist. Sollte sie irgendwas ahnen, sehe ich Jon nie wieder. Bitte pass auf.“

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