Freitag, 20. April 2007

Teil 6

Fast pünktlich stehen wir um kurz nach acht vor der Restauranttür. Silke hat mir bis jetzt immer noch nicht verraten, was das für Typen sind, mit denen wir verabredet sind. Mit einem tiefen Seufzer gehe ich hinter ihr her und wir stehen plötzlich bei Bon Jovi vor dem Tisch. Mit offenem Mund bekomme ich nur ein kurzes „Hi“ heraus. Es sind noch zwei Plätze frei. Genau zwischen Richie und Jon. Wir setzten uns, Richie dann Silke und ich und dann Jon. Nervös schaue ich leicht nach links und bemerke das Jon mich beobachtet. Ich schaue ihm in die Augen und versuche ein leichtes grinsen und sage „Hi Jon, schön dich zu sehen. Wie geht’s dir?“ Er grinst zurück und beantwortet meine Frage. Wir versuchen eine kleine Unterhaltung in gang zu bringen, aber da ich vor lauter Angst was falsches zu sagen nur einsilbige Antworten gebe, ist es recht schwierig. Nach ein paar erfolglosen Minuten wenden wir uns wieder der allgemeinen Unterhaltung zu. Richie und David sind in ihrem Element und Unterhalten den ganzen Tisch mit Anekdoten über das Tourleben und mit ihren Scherzen untereinander.

Beim Nachtisch angekommen habe ich schon 3 Gläser Wein getrunken und werde ein bisschen lockerer. Mittlerweile kann ich mich an der Unterhaltung beteiligen. Auch Fragen über meine Arbeit und ob ich eine Beziehung habe, werden beantwortet.
„Und wo ist dein Freund während ihr uns hinterher reist?“ werde ich von Jon gefragt.
„Der ist mit seinen Freunden auf Mallorca im Urlaub. Ich verbringe meinen Urlaub mit Silke, um auf Bon Jovi Konzerte zu gehen. Da ihm das eh nicht gefällt haben wir beschlossen dieses Jahr getrennt Urlaub zu machen,“ erwiedere ich. „Ich sehen Ihn ja in 1,5 Woche wieder und wir telefonieren auch fast jeden Tag miteinander. Wie ist das eigentlich bei Dir und deiner Frau? Ihr seit ja noch länger getrennt voneinander?“
„ Ach das ist schon in Ordnung so, sie kommt manchmal ein paar Tage dazu, wenn wir eine längere Pause haben und bringt die Kinder mit. Genauso wie Du telefonieren wir jeden Tag zu einer bestimmten Uhrzeit,“ beantwortet er meine Frage.

Ich erfahre, dass sie sich daran gewöhnt hat und das, wenn die Band auf Tour ist, alles so stressig ist, da bleibt dann nicht viel Zeit für traute Zweisamkeit. Die wird aber dann nach dem Abschlußkonzert im Giants Stadium nachgeholt. Da ist dann ein großer Familienurlaub geplant, mit Doro und den Kids.
Jon fängt an mir Anekdoten von früheren Touren zu erzählen. Nach einer weile schaue ich mich um und stelle fest das Silke nicht da ist. Ich schaue Tico an und frage ob er wüsste wo sich meine Freundin versteckt hat. „ja, die ist mit Richie rüber in die Bar, wo ein bisschen Musik gespielt wird zum tanzen“ werde ich aufgeklärt. Ich nehme meine Tasche und will ihr folgen, da wird mir eine Hand auf meinen Arm gelegt und aufgehalten.
Jon zieht mich zurück auf meinen Stuhl und meint ich soll den beiden doch den Tanz gönnen und sie werden später alle noch in die Bar gehen. Ich können ja noch so lange warten und mit ihnen alle zusammen nach nebenan gehen. Ich gebe mich geschlagen und bestelle mit einen Cappuccino mit Schlagsahne. Hhhhmmmmm, genüsslich löffele ich die Sahne runter und verdrehe die Augen. Jon fängt zu lachen an und betitelt mich als „Schleckermäulchen“ und bittet die Bedienung mir noch eine extra Portion Schlagsahne zu bringen. In aller Ruhe trinke ich meinen Kaffee zu Ende und verputze den letzten Rest der Sahne. Danach gehen wir geschlossen zu Silke und Richie in die Bar.

Die zwei sitzen entspannt an der Bar und plaudern. Wir setzen und dazu, ich mich neben Silke und der Rest drum herum. Bald herrscht wieder großes Gelächter. Wir bestellen eine weitere Runde zu trinken und werden nacheinander von den den Jungs zum tanzen aufgefordert. Ich stelle mich bei den schnelleren Liedern ein bisschen tollpatschig an, weil die mir so gar nicht liegen. Silke tanzt gerade mit David und ich mit Tico, da tanzt sie ganz nah an mich heran und fragt ob ich nicht mit Jon tanzen wolle. Ich erwidere , dass ich mich nicht ganz trauen würde und zu schüchtern sei ihn zu fragen. Grinsend flüstert sie was in Davids Ohr und tanzt weiter. Während einer Tanzpause an der Bar steht plötzlich Jon neben mir und fragt mich mit einem bezaubernden lächeln, ob ich bei dem nächsten ruhigeren Lied mit ihm tanzen würde. Errötend blicke ich kurz zu Boden und beantworte die Frage mit einem breiten „Ja sicher“. Aus dem Augenwinkel sehe ich wie Silke zu Jon blickt und nickt. Ich weiß nicht, was dieser Blick zu bedeuten hat und beschließe sie nachher danach zu fragen.
Während von Celine Dion „think twice“ aus den Lautsprechern ertönt werde ich von Jon auf die Tanzfläche gezogen. Silke geht wieder mit Richie tanzen. Er zieht mich in seine Arme und ich bin ihm ganz nah. Er legt einen Arm um meine Taille und nimmt meine Hand und legt sie mit seiner auf seine Brust. Seine Wange liegt an meiner und wir wiegen uns zum Takt der Musik. Mein Herz klopft wie verrückt und schlägt Purzelbäume. Ich kann es gar nicht glauben, dass ich in seinen Armen liege und muss erst mal blinzeln um zu schauen ob ich nicht träume. Ich kann ihn fühlen und riechen und will nicht das der Tanz aufhört. Als das Lied aus ist, geht er ein Schritt zurück, verbeugt sich und gibt mir einen Kuss auf den Handrücken und bedankt sich für den Tanz. Ich bin ganz verwirrt und lächle nur ganz leicht.

Benommen gehe ich an die Bar zurück und zünde mir mit zittrigen Fingern eine Zigarette an. Vor lauter lass mich auch mit, trinke ich meinen Wein in einem Zug aus und suche nervös nach einem Kaugummi in meiner Handtasche. Da fällt mir mein Handy in die Finger und ich sehe einen verpassten Anruf von meinem Schatz. „Scheiße“, denke ich, ich kann jetzt nicht mit ihm telefoniere. Er kennt mich so gut, da merkt er auch am Telefon das irgendetwas nicht stimmt. Mit einem leichten Seufzer lasse ich das Handy wieder in der Tasche verschwinden.

Mir ist auf einmal ganz warm. Ich entschuldige mich bei David, der neben mir sitzt und gehe nach draußen an die frische Luft. Es hat sich merklich abgekühlt, aber der Regen hat aufgehört. Silke kommt mir hinterher und fragt was denn passiert sei.
„Nichts was soll los sein? Ich habe mit Jon getanzt und habe mich so wohl gefühlt. Währendessen hat Michel angerufen, aber ich kann nicht zurückrufen. Er merkt genau das was nicht stimmt“, gebe ich aufgelöst zurück. Silke zieht mich in ihre Arme und tröstet mich. Sie weiß ganz genau wie ich mich jetzt fühle, da sie von meiner jahrelangen Schwärmerei für Jon weiß. Sie nimmt mich wieder mit in die Bar, wo uns alle entgegenschauen, so als ob sie auf uns gewartet hätten. Sie bestellt mit erst mal einen Tequilla zur Beruhigung. Nach einer weiteren Zigarette bin ich imstande mich wieder zu allen an die Bar zu setzten. Ich sehe Silke mit Richie reden. Nur Jon sehe ich nicht. Ich gehe zu Silke und flüstere in ihr Ohr und frage sie ob sie wüsste wo Jon abgeblieben ist. Als Antwort bekomme ich zu hören, es sei auf seinem Zimmer telefonieren und er käme aber wieder runter.

Für den Augenblick erleichtert bestelle ich mir noch etwas zu trinken und tanze eine Runde mit Richie und Tico. Irgendwann sitzt Jon wieder an der Bar und schaut uns beim tanzen zu. Wir tanzen aber kein mal mehr zusammen. Gegen drei Uhr gehen wir alle auf unsere Zimmer.

Im Bett liegend quetsche ich Silke aus, was sie mit Richie gesprochen hat. Sie erzählt dass sie sich gut verstehen und über Gott und die Welt geredet haben. Genauso wie mit den anderen. „Und was hast Du mit Jon gesprochen?“
„Er wollte nur wissen, ob er mit dir tanzen soll und warum du vorhin nach draußen gegangen bist. Ich hab ihm nur gesagt Du hast dich nicht ganz wohl gefühlt und wolltest frische Luft haben. Das hat er geglaubt, nachdem er dich ja in Mannheim aus dem Rot – Kreuz – Zelt hat kommen sehen.“
Erleichtert entgegne ich, das er es zum Glück nicht gemerkt hat wie wohl ich mich in seinen Armen gefühlt habe und das ich ihn nicht habe loslassen wollen. Das wäre ja ne schöne Blamage gewesen.

Ich muss mich wieder beruhigen, und morgen früh als erstes Michel anrufen.

Nach einer sehr kurzen Nacht gehen wir nach dem Frühstück in unser Zimmer, um uns für das Konzert fertig zu machen. Bei der Gelegenheit rufe ich dann auch gleich Michel an. Nach ein paar belanglosen Minuten am Telefon lege ich erleichtert auf. Silke sieht mich nur an und ich schüttele einfach nur den Kopf. Ich will nicht darüber reden. Sie weiß genau, das wenn, dann komme ich von alleine auf sie zu.

Auf dem kurzen Weg ins Stadion kommen uns schon mehrere Leute entgegen, die genauso wie wir drauf warten, dass es endlich losgeht. Wir holen wieder unsere Nummern beim Fanclubeinlass und warten mit den anderen. Um 16 Uhr gehen wir ins Stadion. Das lange warten überbrücken wir mit dem austauschen von Geschichten und Information mit den anderen Fans im Pit.
Als um ca. 19.15 Uhr endlich die Vorband auf die Bühne kommt, geht ein raunen durch die Menge. Der Sound ist viel zu laut eingestellt. Froh darüber das nach einer ¾ Stunde die Vorband aus ist, steigt die freudige Erwartung auf Bon Jovi. Ich habe schon Herzklopfen und bin ganz aufgeregt. Silke bekommt das mit und drückt mir nur kurz den Arm und fragt ob alles in Ordnung ist.
„ Ja ist alle ok, bin nur nervös und aufgeregt zugleich.“ Ich hole meine Kamera aus der Tasche und hänge sie mir um den Hals. Um 20.15 Uhr geht es los. Jon kommt auf die Bühne gesprungen und reißt gleich alle mit. Sie sind super drauf. Jon scherzt mit dem Publikum und bekommt sogar ne Brezel geschenkt. Die er dann angeknabbert in die Menge wirft. Als er wieder in unsere Richtung kommt, habe ich meine Kamera schon griffbereit vor meinen Augen. Er sieht Silke und mich in der Menge stehen und grinst uns an. Mir wird wieder ganz anders, als ich an unseren Tanz gestern Abend denken muss. Ich muss da unbedingt cooler werden sonst kann ich das gar nicht genießen.
Nach ein paar spektakulären Aktionen und den Zugaben seitens der Band ist das Konzert um ca. 23.15 Uhr beendet.
Wir begeben uns in unser Hotel zurück, das jetzt schon von den anderen Fans belagert wird.

Auf dem Weg zum Aufzug wird Silke vom Portier ein Briefumschlag übergeben. Im Aufzug öffnet sie den Umschlag. „Wir sind auf die Aftershowparty in den 6. Stock eingeladen. Wir sollen einfach raufkommen, wenn wir fertig sind und dem Security einfach diesen Brief zeigen.“
Ich krieg fast nen Herzanfall vor lauter Schreck. „Ich glaub ich brauch nen Schnaps.“
Auf dem Zimmer springen wir kurz unter die Dusche und ziehen uns um. Nach etwa einer Stunde sind wir auf dem Weg in den 6. Stock. Die Security lässt uns nach dem Blick auf unser Schreiben ohne murren durch.

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